englisch version french version
Die neue Ausstellung, „Ohne Titel“, wirft Schatten auf die gegenwärtige Kunst und ihre oft vergeblichen Anstrengungen, moralische oder politische Standpunkte zum kulturellen Klimawandel oder den verkündeten Zeitenwenden zu schaffen. Die Kunst versagt meistens. Und wenn sie Fluchtbewegungen in ästhetische Formensprachen unternimmt, oder alte Genres wiederaufleben lässt, so wie Zeichnung oder Stillleben (Nature Morte), dann wird sie oft abfällig bewertet oder gar missachtet.
Allerdings könnte man die ausgestellten Zeichnungen der fragil-traurigen Serie „I fail to see“ von Silke Brösskamp, und die überreifen, schwermütigen Frucht-Bilder von Matthias Brock, auch gleichsam provozierend und hochaktuell einstufen. Denn sie wenden unsere Blicke der Vergänglichheit und der Dystopie zu, sie lachen uns an, wie von weitem, von Ernst Jüngers Marmorklippen, sie botanisieren am Abgrund und lassen hässlich-schöne Brutalität wie auch biomorphen Zerfall und Fäulnis sinnlich erlebbar erscheinen. Vielleicht täuschen sie nature morte nur vor, und verzeichnen lebhaft schwelgend Unfruchtbares, filigran Verrottetes. Unsere Doppelausstellung zweier Künstler:innen aus Nordrhein-Westfalen verbirgt ein Plädoyer für eigensinnige Phänomene, ein Querdenken im Nebel der Vernunft, auch ein Sinnenverfallen sozusagen, denn beide Werkzyklen behaupten auch etwas märchenhaft Erschreckendes, giftiges Zeug im Terrain unserer sterbenden Wälder, in den Ruinen des Kapitalismus, unserer ehemals gedeckten Tafeln. Die fetten Jahre sind dann vorbei…
Matthias Brock
„Und Früchte will ich kaufen, Früchte, drin das Land noch einmal ist, bis an den Himmel. Denn Das verstandest du: die vollen Früchte. Die legtest du auf Schalen vor dich hin und wogst mit Farben ihre Schwere auf.“
Aus: R. M. Rilke „Requiem (Für eine Freundin)“
Diese auf Paula Modersohn-Becker gedichteten Verse sprechen aus, was ich in meine Frucht-Bilder zu legen suche: Die Quintessenz eines Landes, einer Landschaft, zusammengeballt, aber gleichzeitig groß bis an den Himmel; die Fülle als Lobpreis des Lebens und des Sinnengenusses; die Schwere als Gewicht und Bedeutsamkeit der Substanz, die in ihrem Kern den Keim des Todes wie des Neuanfangs birgt.
Silke Brösskamp
Silke Brösskamps ortsbezogene Raumskulpturen, Objekte und serielle Zeichnungen entstehen immer wieder im Zusammenspiel von Planung, Zufall und Offenheit – ausgelöst durch Alltagsbeobachtungen, Filme, Bilder, emotionalen Erlebnisse. Die Serie I fail to see spiegelt ihre Faszination von Schönheit und Brutalität der Zerstörung einheimischer Wälder.
Silke Brösskamp studierte Visuelle Kommunikation, dann Freie Kunst an der Kunstakademie in Münster bei Reiner Ruthenbeck und als Meisterschülerin von Kathrina Fritsch. Ihre Arbeiten waren bereits in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Schirmherr – Uwe Conradt
„Heute war ich als Schirmherr der Vernissage zur Ausstellung „Ohne Titel“. Ausgestellt werden großformatige Bilder von Matthias Brock und Zeichnungen von Silke Brösskamp.
Beide Künstler haben schon in vielen Großstädten und Metropolen ausgestellt.“ ~ OB Uwe Conradt
Source: facebook.com/OBconradt