Gega Paksashvili, Love, Acrylic, marker on canvas, 120 x 120 cm. 2022.
Ausstellung 13. Juni – 31. Juli und Revernissage Musikfestival 13.-15. Juni
Zur Einstimmung sehen Sie hier einen kurzen Trailer (click here) zu „Im Osten nichts Neues“
Please watch a short trailer for the exhibition here.
Die Ausstellung Im Osten nichts Neues setzt ein Ausrufezeichen hinter die Fragen „Wo ist Heimat,“ „Wo ist der Krieg,“ „Welche rote Linie zieht sich durch die Geschichte der Völker,“ „Was ist ein Migrationshintergrund,“ „Gibt es eine Sprache der Sonne“, „Was bedeutet es, Krieg zu erleben“…
Die vielfältigen Werke und Performances dieses künstlerischen Experiments der Galerie fordern dazu auf, menschliche Sprachen und Ausdrucksformen in jedweder Hinsicht auf ihre Möglichkeiten und Grenzen zu hinterfragen, um gerade den scheinbaren Widerspruch (der Osten des Westens? der Westen des Westens?) zu überwinden, der uns bei Verständigungen und Übersetzungen, also dem Miss-Verstehen – Walter Benjamin sprach einmal von der Aufgabe des Übersetzers – immer wieder entgegenleuchtet.
Der vor kurzem verstorbene bosnische Schriftsteller Dževad Karahasan schrieb, während der Belagerung Sarajevos und bevor die Stadt in weiten Teilen zerstört wurde: „Ich verstummte und verspürte eine wahnsinnige Kälte, wahrscheinlich hatte etwas in mir begriffen, dass eine Welt ausgelöscht worden war, die einzige, die ich gekannt und bewohnt hatte“ (Der Trost des Nachthimmels).
Im Osten nichts Neues erinnert an das angegriffene, verstörte Gedächtnis, aber auch an umut (Hoffnung), vielleicht an Trost sowie makabre Anwandlungen und schwarzen Humor, Überlebenswillen. Die ausgestellten Werke, insbesondere die Serie „Gelb“ von Gega Paksashvili, sprechen uns an mit ihrer eigenen Sprache; die Fotografien, Grafikdrucke, Gemälde und Objekte von Kristina Bajilo, Alina Panasenko, Mensud Kečo, und Esad Puzić werden ergänzt durch die Medien-Installation von Gordana Novaković (mit Fokus auf die frühe Pionierphase der Medienkunst in Jugoslawien) sowie Film-Vorführungen von ganz neuen Werken: Wormwood Maria, von Rastko Novaković & Beatričė Bukantytė (in Litauen gedreht), und Into myPlanet, ein mehrteiliges Sci-fi Projekt unter Regie der armenischen Künstlerin Armine Vosganian.
Eine Lesung aus Aka Mortschiladzes Roman Die Hunde der Paliaschwilistraße (übersetzt von Irakli Rukhadze) ist ebenso Teil der Eröffnung wie das aussergewöhnliche Musikkonzert-Programm, gestaltet und geleitet von Grigor Asmaryan mit prominenten Gastmusiker:innen.
Die Künstler und Künstlerinnen der Ausstellung:
Gega Paksashvili
Gega Paksashvili (*1963) ist Absolvent der Fakultät für Grafik an der Kunstakademie von Tiflis, wo er seine Kunst unter der Anleitung von Dinara Nodia, Dea Jabua, Dmitry Eristavi und Sergo Kashkhiani erlernte. Schon während seines Studiums war er als Bühnenbildner sowohl an Theatern in Tiflis und Moskau als auch an georgischen Regionaltheatern tätig. Er entwarf Bühnenbilder für Yetim Gurji am Achmeteli-Theater (Tiflis), die Rockoper Die Schatzinsel am Stanislawski-Theater (Moskau), Babajanas Cloggs am Tifliser Puppentheater und viele andere Aufführungen. Zwischen 1989 und 2016 nahm er an siebzehn Gruppenausstellungen teil, die sowohl in Georgien als auch in verschiedenen europäischen Ländern stattfanden. 1994 fand seine erste Einzelausstellung in der georgischen Nationalgalerie statt, später folgten weitere Einzelausstellungen in privaten Galerien: Baia Gallery und I-Art Gallery. Gega Paksashvili arbeitet in den Bereichen Buchdesign, Künstlerbuch, Wandmalerei, Malerei und Grafik.
Mensud Kečo
Mensud Kečo wurde 1957 in Foča geboren. 1980 schloss er sein Studium an der Akademie der Schönen Künste in Sarajevo ab. Während vier Jahrzehnten künstlerischen Schaffens realisierte Kečo 20 unabhängige Ausstellungen und nahm an über 100 kollektiven und selektiven Ausstellungen im In- und Ausland teil. Er ist Autor mehrerer Denkmäler in Sarajevo. Von 1997 bis 2001 war er Präsident der Vereinigung bildender Künstler Bosnien-Herzegowinas. Er ist Träger mehrerer bedeutender Auszeichnungen für Zeichnung und Bildhauerei. Er arbeitet als Zeichenlehrer an der Hochschule für Angewandte Kunst in Sarajevo.
Kristina Bajilo
Kristina Bajilo wurde 1995 in Belgrad geboren. Sie schloss ihr Grundstudium an der Universität der Künste in Belgrad, Fakultät für Angewandte Kunst, Fachbereich Malerei, im Jahr 2018 ab. Ihren Master-Abschluss machte sie 2019 an derselben Universität in der Klasse von Professor Nikola Božović, als sie begann, mit der Galerie X Vitamin zusammenzuarbeiten. Sie nahm an mehr als zwanzig internationalen Gruppenausstellungen in Serbien, Ungarn, Zypern und Japan teil und realisierte drei Einzelausstellungen. Sie ist eine der Finalisten von „Private Value“, verliehen von der Schweizer Botschaft in Belgrad 2018, Aleksandar Tomašević 2018 und 2019, Branko Šotra 2019 und dem Dositej-Stipendium. Von 2020 bis 2021 nahm sie als Mitglied der Vereinigung CIEBA an einem Forschungsprogramm in Lissabon an der Fakultät für Schöne Künste teil. Seit 2021 ist sie Mitglied von ULUS, und seit 2022 hat sie den Status einer unabhängigen Künstlerin.
Alina Panasenko
Alina Panasenko ist Künstlerin und Regisseurin, geb. 2000 (Sewerodonezk, Ukraine) und lebt in Kiew, Ukraine. Sie arbeitet mit fotografischen und filmischen Medien und ist Mitglied des Kollektivs MYPH, Mitglied der Ukrainischen Filmakademie. Einige ihrer Fotografien wurden auch in der Exposition „Greifbar – Krieg im Blick ukrainischer Künstler“ der Modernen Galerie (Saarlandmuseum) gezeigt.
Gordana Novaković
Ursprünglich Malerin, experimentiert Gordana Novaković seit Mitte der 1980er Jahre mit digitalen Technologien. In den letzten fünfundzwanzig Jahren hat sie sich auf die Entwicklung interaktiver Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie konzentriert, die in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Komponisten und Technologen entstanden sind. Als Langzeitkünstlerin am Fachbereich Informatik des University College London (UCL) hat sie das Diskussionsforum Tesla Art|Science gegründet und kuratiert. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen und Konferenzen vorgestellt. Außerdem hat sie eine Reihe von Artikeln und Buchkapiteln verfasst. Zurzeit arbeitet Gordana an ihrem Konzept der neuroplastischen Kunst und erforscht die Möglichkeiten neuer interaktiver Kunstformen, die auf der aufkommenden Wissenschaft der Neuroplastizität basieren, parallel zu ihrem Engagement für die Erforschung und Dokumentation der Geschichte der Neuen Medienkunst in Jugoslawien.
Esad Puzić
Esad Puzić, geb.in Zivinice (Bosnien und Herzegowina), lebt seit 1991 in Saarbrücken. Nach einem Studium der Verkehrsplanung schrieb er sich in der Akademie der Bildenden Künste in Sarajewo ein, kurz bevor der Krieg ausbrach. In Deutschland angekommen, malte er vorwiegend Ansichten seiner Heimat Sarajewo. Viele seiner Gemälde zeigen die später hartumkämpfte bosnische Hauptstadt in noch unversehrtem Zustand, und manches Motiv wird in natura niemals mehr so zu sehen sein. Dann begann er in der Gastronomie zu arbeiten und gleichzeitig grossflächige Wandmalereien zu erschaffen. Heute hängen in seinem Restaurant „Gusto Steakhouse“ am St. Johanner Markt die Wände voll mit Kunst, seine und die weiterer Künstler. Seine Kunst hat sich verändert, aber seine Philosophie bleibt komplex wie einfach: „Kunst lebt von Vielfalt“. Es entsprang die Vision einer neuen Galerie, die alte Strukturen aufbricht und dem Raum bietet, was Kunst für ihn bedeutet: Vielfalt. So war „Gallery Puzić“ im Sommer 2022 geboren. Eine Galerie, die Raum bietet für Neues und Unerwartetes.
Die Filmemacher und Filmemacherinnen
Beatričė Bukantytė and Rastko Novaković
Beatričė Bukantytė is an artist whose practice spans across fields of experimental performance, film and photography. Informed by philosophy & practice of butoh, techniques of voice & dance improvisation, it can be approached as a process and practice-based study into questions of autonomy, identity, creativity and transformation. Often working collaboratively, her practice also expands to organization and facilitation of events, workshops and teaching.
Rastko Novaković is an artist, filmmaker, curator, mainly working with the moving image. His practice is collaborative and over the years he has completed over 60 moving image works, ranging from 1 minute lyrical films, via campaigning films, music videos, multi-platform videos, outdoors installations to feature-length films. His work explores the recurrent themes of memory, landscape, the poetics of everyday life, social justice.
Armine Vosganian
Armine Vosganian is a Romanian- Armenian actress and film director. She has graduated from both Theatre Acting and Film Directing in 2014 at National University of Theatrical Arts and Cinematography in Bucharest, Romania and continued her education at London Film School for an MA filmmaking programme and had become a doctor in Cinema and Media Studies.
She has written and directed several fiction films and adapted her father’s novels (Varujan Vosganian) and her mother’s musical operas (Mihaela Vosganian) on screen and international stages. She is the co-founder of Rampa theatre and one of the pioneers of Romanian telematic theatre, being introduced to it by theatre director Marina Hanganu. At the moment, Armine is documenting the Armenian Diaspora through cinema.
Credits: Photography by Gerhard Schaal, Johannes Birringer and courtesy of the artists (c) 2023